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Blausäure-Abwehr ändert sich Städte sind bei Klee Evolutionstreiber

Die Forschenden verglichen den Klee in verschiedenen Innenstädten und ländlichen Räumen miteinander.

Die Forschenden verglichen den Klee in verschiedenen Innenstädten und ländlichen Räumen miteinander.

(Foto: Marc Johnson)

Eine Stadt ist ein besonderes Ökosystem. Manche Tiere und Pflanzen fühlen sich hier besonders wohl, andere gar nicht. Nun zeigen Forscher einen globalen Zusammenhang von Verstädterung und Evolution.

Städte als vom Menschen geprägte Ökosysteme können die Evolution bestimmter Arten vorantreiben - und zwar rund um den Globus auf ähnliche Weise. Das zeigt ein großes, internationales Forscherteam im Fachmagazin "Science" am Beispiel des Weißklees (Trifolium repens).

Für die Studie arbeiteten Evolutionsbiologen weltweit zusammen.

Für die Studie arbeiteten Evolutionsbiologen weltweit zusammen.

(Foto: Nick Iwanyshyn)

Die unscheinbare Pflanze dürfte jeder kennen, sie kommt fast überall in Deutschland und in vielen Regionen auf der ganzen Welt vor. Deshalb kann am Weißklee untersucht werden, ob eine städtische Umgebung - unabhängig von den besonderen Gegebenheiten einer bestimmten Stadt - zu einer Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population beiträgt.

Die Forscher um Co-Studienleiter James Santangelo von der University of Toronto konzentrierten sich bei ihrer Arbeit auf eine bestimmte Eigenschaft des Weißklees. Die Art hat grundsätzlich die Fähigkeit, bei Beschädigungen ihrer Blätter Blausäure freizusetzen. So kann sich Weißklee gegen Fraßfeinde wie beispielsweise Schnecken wehren. Allerdings gibt es die Pflanzen - je nach spezifischer genetischer Veranlagung - mit und ohne Gift-Eigenschaft.

Mehr oder weniger Fressfeinde?

Um den Einfluss der städtischen Umgebung auf das Vorhandensein der Gift-Eigenschaft zu untersuchen, sammelten und untersuchten 287 Forscherinnen und Forscher auf der ganzen Welt Klee, insgesamt mehr als 100.000 Pflänzchen aus 160 Städten. Gepflückt wurde in 26 Ländern rund um den Globus, darunter in Deutschland, Chile, den USA, Australien und Japan. Von mehr als 2000 Pflanzen wurde zudem das Erbgut entschlüsselt.

In jeder Stadt wurde dabei nach dem gleichen Muster vorgegangen: Die Proben wurden ausgehend vom Zentrum entlang einer gedachten Linie bis hinaus in ländliche Gebiete gesammelt und anschließend ausgewertet. Ergebnis: In 39 Prozent der untersuchten Städte war die Blausäure-Produktion des Weißklees in ländlichen Gebieten höher als im Zentrum. In acht Prozent war es andersherum. In gut der Hälfte war kein signifikanter Zusammenhang feststellbar.

Die Erklärung der Forscher: Weil der Klee auf dem Land in der Regel mehr Fressfeinde hat, setzen sich dort öfter die Pflanzen mit Gift-Eigenschaft durch. Allerdings bedeutet die Blausäure-Abwehr für den Klee relativ viel Aufwand. Deshalb kann es in der Stadt mehr Sinn ergeben, die Eigenschaft nicht zu haben.

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Die Studie zeige, dass die Umweltbedingungen in verschiedenen Innenstädten oft ähnlicher seien als zwischen einer bestimmten Innenstadt und dem nahegelegenen ländlichen Lebensraum, heißt es in einer Mitteilung der University of Toronto. "In diesem Sinne ist die Innenstadt von Toronto in vielerlei Hinsicht eher vergleichbar mit der Innenstadt von Tokio als mit Agrarland und Wäldern außerhalb der Stadt."

Das Fazit der Forscher: "Verstädterung verändert mehr und mehr ländliche und natürliche Gebiete in einzigartige Ökosysteme, die es so bislang nicht auf der Erde gab. Diese Veränderungen nehmen Einfluss auf die Evolution des Lebens."

Quelle: ntv.de, Valentin Frimmer, dpa

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